Eine Bestandsaufnahme des „Allgemeinen Sozialen Dienstes“ (ASD) brachte es an den Tag: In Braunfels und Dillenburg gibt es immer mehr Familien, die frühe Hilfen brauchen und die Unterstützung des ASD in Anspruch nehmen müssen. Aus diesem Grund setzen der Lahn-Dill-Kreis und der AWO-Kreisverband Lahn-Dill – unterstützt von der Stadt – jetzt in Braunfels das Projekt „Familienpatenschaften“ um, für das nun in den Räumen der dortigen Verwaltung der Startschuss fiel.

„Schön, dass wir das Vorhaben gemeinsam auf den Weg bringen können“, begrüßte Braunfels‘ Bürgermeister Wolfgang Keller (parteilos) die Initiative. Diplom-Sozialpädagogin Sabrina Schäfer und Roswitha Zoth (beide AWO-Kreisverband Lahn-Dill) stellten das niedrigschwellige und präventive Begleitungs- und Unterstützungsangebot für Familien sowie Erziehungsberechtigte mit Kindern in den ersten Lebensjahren der Öffentlichkeit vor.

Zielgruppe des Projekts „Familienpatenschaften im Lahn-Dill-Kreis“ sind junge Familien mit fehlender familiärer oder sozialer Anbindung, die in schwierige Alltagssituationen geraten. Roswitha Zoth erläuternd: „Durch den Einsatz der Familienpaten wird vermieden, dass in Familien aus normalen Schwierigkeiten, die zum Beispiel aus dem Verlust eines Arbeitsplatzes oder durch eine kurzzeitige Überlastung entstehen, dauerhafte Probleme werden.“

Umgesetzt werden soll das Vorhaben, das vor allem dem Wohl der betroffenen Kinder dienen soll, von ehrenamtlichen Familienpaten. Fachlich begleitet und vorbereitet vom Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt, besuchen die Paten „ihre“ Familie ein- bis zweimal in der Woche und bieten eine auf die jeweilige Familie zugeschnittene Unterstützung an.

„Die Familienpatenschaften sind jedoch kein Ersatz für ambulante Hilfen“, stellte Roswitha Zoth bei der Vorstellung des Vorhabens klar, um dessen Umsetzung sich in Braunfels ihre Kollegin Sabrina Schäfer als so genannte „Koordinatorin“ kümmern wird. Das Büro der Diplom-Sozialpädagogin, bei der sich interessierte Familienpaten und -patinnen ab sofort melden können, befindet sich im Dachgeschoss des Feuerwehrgerätehauses im Braunfelser Hüttenweg, direkt neben der Verwaltung.

Wolfgang Keller versprach, dass die Stadt das Projekt nach Kräften fördern werde. Besonders erfreut zeigte sich der Bürgermeister, dass die fachliche Begleitung der Familienpaten durch die professionellen Kräfte der Arbeiterwohlfahrt (AWO) gewährleistet sei.

Inhalt der Arbeit von Sabrina Schäfer sind die Gewinnung und die Qualifizierung der Familienpaten. Zu ihren Aufgabenbereichen zählen ferner die Vermittlung der Paten an die jeweilige Familie, der Aufbau einer Begleitungsstruktur für die Familienpaten sowie die kontinuierliche Begleitung von Familien und Paten.

Ferner führt die Fachkraft Erstgespräche mit Familien, für die eine Patenschaft angeregt wird. Diese Hinweise können von Erzieherinnen der Kindergärten, aus der Nachbarschaft und dem Verwandtenkreis, aber auch zum Beispiel von Hebammen kommen, die in regelmäßigem Kontakt mit den betroffenen Familien stehen. Erziehungsberechtigte, die erkennen, dass sie Unterstützung brauchen, können sich aber auch von sich aus bei der Koordinatorin und beim AWO-Kreisverband Lahn-Dill melden.

Die Unterstützung der Familien durch die ehrenamtlich tätigen Paten kann unterschiedlich aussehen: Möglich ist eine Betreuung der Kinder oder des Kindes durch Vorlesen, Hausaufgabenhilfe, Spielen, Spielplatzbesuche oder Gespräche. Familienpaten können aber auch für praktische Unterstützung im Alltag durch die Begleitung bei Einkäufen, Arztbesuchen, Behördengängen oder Veranstaltungen sorgen sowie jungen Familien in schwierigen Alltagssituationen zuhören und Mut zusprechen.

„Der Einsatz des Paten oder der Patin in der Familie muss auf gegenseitigem Einverständnis beruhen und kann jederzeit beendet werden“, hoben die beiden Verantwortlichen des AWO-Kreisverbands Lahn-Dill den freiwilligen Charakter der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Parteien hervor. Fänden Paten und Familien eine gute Basis, könne das Unterstützungs- und Begleitungsangebot „viel Gutes bewirken“.

Bürgermeister Wolfgang Keller sowie die beide Fachkräfte der Arbeiterwohlfahrt riefen daher Interessierte mit Nachdruck dazu auf, sich für die ehrenamtliche Tätigkeit des Familienpaten bzw. der Familienpatin zur Verfügung zu stellen. Einzelpersonen, aber auch Ehepaare und Lebenspartnerschaften könnten gleichermaßen geeignet sein.

Familienpaten benötigen keine spezielle Qualifikation, sollten aber Erfahrungen aus der eigenen Familien- und Lebensgeschichte mitbringen. Erforderlich sind zudem menschliche Reife, Zuverlässigkeit, Toleranz und Einfühlungsvermögen, Stabilität und Belastbarkeit, eine nachvollziehbare Motivation für das Projekt, die notwendige Zeit und persönliches Engagement. Paten müssen ferner bereit sein, sich qualifizieren zu lassen und die eigene Arbeit zu reflektieren. Wichtig sind zudem Verschwiegenheit und vertraulicher Umgang mit Daten und Informationen zur Familie, ein einwandfreies erweitertes polizeiliches Führungszeugnis und ein Mindestalter von 18 Jahren.

Auch in Dillenburg stehen Familien, die frühe Hilfen brauchen, übrigens nicht alleine da: Dort wird das Projekt „Familienpatenschaften im Lahn-Dill-Kreis“ vom Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes umgesetzt.

Weitere Informationen: AWO-Kreisverband Lahn-Dill e.V., Diplom-Sozialpädagogin Sabrina Schäfer, Braunfels, Hüttenweg 3, Tel. (06442) 9432989. E-Mail S.Schaefer@awo-lahn-dill.de.