Schon zu früher Stunde geht es in der KITA zu „wie in einem Taubenschlag“ – und die Erzieherinnen und Erzieher, die sich um die über 100 Kinder kümmern, haben bereits am Morgen alle Hände voll zu tun. „Wir müssten eigentlich ein Managergehalt für das kriegen, was wir leisten“, sagt Marion Sauer, stellvertretende Leiterin der AWO-Kindertagesstätte in Dillenburg. Zu dem Team, das Tag für Tag aufopferungsvoll für die aus 23 Nationen stammenden Mädchen und Jungen sorgt, zählen neben 17 bereits ausgebildeten und erfahrenen Fachkräften auch sechs Praktikantinnen und Praktikanten. Doch anders als anderswo, wo Jugendliche und junge Erwachsene, die einmal in ein Berufsbild hineinschnuppern wollen, lediglich „Handlanger- oder Hilfsdienste“ leisten, sind die angehenden Erzieherinnen und Erzieher in der KITA der Arbeiterwohlfahrt und in der AWO-Krippengruppe „Zwingel-Zwerge“ fest in den täglichen Ablauf eingespannt. Die Kindertagesstätte wird so zum „Lernort Praxis“. Marion Sauer: „Die Praktikantinnen sind von Beginn an ganz nahe bei den Kindern – und wenn nachmittags Feierabend ist, sind die jungen Leute dementsprechend k.o.“
Den Stress aber und die Tatsache, fast neun Stunden am Stück ständig für die Bedürfnisse der Mädchen und Jungen da sein zu müssen, stecken die angehenden Fachkräfte erstaunlich gut weg. „Mir macht das Spaß“, sagt Denise Anh Thu Vu (21), die in der Kindertagesstätte des AWO-Kreisverbandes Lahn-Dill ihr Anerkennungsjahr absolviert. „Ich wollte schon immer Erzieherin werden“, so die Wissenbacherin.
Wie ihre „Praktikantinnen-Kolleginnen“ Evelyn Jung und Nina Reeh hat die 21-Jährige schnell „einen guten Kontakt zu den Kindern gefunden“ und die Entscheidung, die bis zu fünf Jahre währende Ausbildung zur Erzieherin zu absolvieren, nicht bereut.
Was auch daran liegt, dass sich Denise Anh Thu Vu und die übrigen fünf Praktikantinnen im Kreise der Belegschaft gut aufgehoben fühlen. Die Wissenbacherin angetan: „Die erfahrenen Kolleginnen haben viel Geduld. Und wenn man nicht mehr weiter weiß, frage ich einfach nach.“ Neben dem genannten Trio schnuppern zurzeit auch Jesim Rüzgar, Pirarthana Suthenthiran und Leon Klennert in den AWO-Einrichtungen in Dillenburg in den Berufsalltag hinein.
„Wir geben unseren Praktikantinnen einen großen Freiraum, um in alle Fachbereiche unserer Einrichtung hineinschnuppern zu können“, erläutert KITA-„Vize-Chefin“ Marion Sauer. „Die jungen Leute können hier bei uns viel ausprobieren.“
Während sich die einen nach vierjähriger Lehrzeit im so genannten „Anerkennungsjahr“ auf der Zielgeraden ihrer Ausbildung befinden und den Abschlussprüfungen am Ende des KITA-Jahres entgegenfiebern, versuchen andere, durch ein Praktikum „herauszufinden, ob man sich eine berufliche Zukunft als Erzieherinnen oder Erzieher überhaupt vorstellen kann“.
So ist Nina Reeh seit Ende August dieses Jahres als Praktikantin Mitglied des AWO- KITA-Teams. Die 17-jährige Nanzenbacherin hat seitdem einen ersten, nachhaltigen Eindruck vom Arbeitsalltag einer Erzieherin gewonnen. „Mir gefällt’s gut. Man muss natürlich Kinder mögen, um sich hier zurechtzufinden.“
Ein „Freiwilliges Soziales Jahr“ an der Otfried-Preußler-Schule in Dillenburg absolviert hat bereits Evelyn Jung. Die 20-jährige Sechsheldenerin weilt seit knapp vier Wochen als Praktikantin in der AWO-Kindertagesstätte. Sonst besucht sie die Fachschule für Sozialwesen, die sie nach zweijähriger Dauer und dem obligatorischen Anerkennungsjahr als ausgebildete Erzieherin und mit der Berechtigung, an der Fachhochschule studieren zu dürfen, abschließen will. Auch ihr erster Eindruck ist positiv: „Besonders gut gefällt mir das offene Konzept, mit dem hier gearbeitet wird. Probleme habe ich aber ab und an mit dem Sprachwirrwarr, das hier herrscht.“
Um Schwierigkeiten wie diese schnell ausräumen zu können, sind die sechs Praktikantinnen der AWO-KITA am Zwingel und der AWO-Krippengruppe „allesamt an eine Gruppe angedockt“, um die sich eine erfahrene Erzieherin oder ein ausgebildeter Erzieher verantwortlich kümmert. Marion Sauer: „Es ist so immer eine zweite Person da, mit der sich die Praktikantinnen auf kurzem Wege austauschen können.“
Großen Wert lege man darüber hinaus auf den „wöchentlichen Gedankenaustausch“ im großen Team. Jede Praktikantin müsse zudem während ihres Aufenthalts in der KITA ein Projekt planen, durchführen und anschließend nachbereiten. „Dabei begleiten wir die angehenden Erzieherinnen und Erzieher natürlich“, erläutert die „Vize-Chefin“ der Kindertagesstätte.
Unzufrieden ist Marion Sauer immer noch darüber, wie der Beruf der Erzieherin oder des Erziehers vielfach wahrgenommen und eingeschätzt wird. „Manche glauben immer noch, das wir immer nur mit den Kindern im Sandkasten sitzen oder nichts anderes zu tun haben, als Kaffee zu trinken“.
Stattdessen sei der Job der Erzieherin ein „vielfältiger Beruf“, mit dem „große Herausforderungen“ und „eine Riesenverantwortung“ einhergehen würden. Die Erfahrung von Marion Sauer: „Die pädagogische Begleitung der Kinder, die Kooperation mit den Eltern und die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen verlangen uns einiges ab.“
Darüber hinaus habe das Team der Kindertagesstätte des AWO-Kreisverbands Lahn-Dill trotz aller Belastung „immer noch den Ehrgeiz, den Erziehernachwuchs gut auszubilden“. Die „KITA-Vize-Chefin“ erläuternd: „Unsere Praktikantinnen können sich hier bei uns selbst entdecken und schauen, ob sie sich eine solche Tätigkeit auf Dauer vorstellen können.“
Aktuell können in der Einrichtung am Zwingel fünf Arten von Praktika absolviert werden. Neben Praktikanten im Anerkennungsjahr nimmt die AWO-KITA auch Praktikanten der Fachoberschule für Sozialwesen, Kurzzeitpraktikanten, Jahrespraktikanten sowie junge Menschen auf, die einmal für drei Wochen in den Job einer Hauswirtschafterin hineinschnuppern wollen. Ein breites Spektrum, das jungen Menschen vielfältige Chancen gibt.
Marion Sauer abschließend: „Wer Interesse hat, sollte uns einfach schreiben und einen Lebenslauf beifügen.“ Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich auf diese Art meldeten, zeige man „dann schon, welche Möglichkeiten“ es gebe, in den Erzieherinnenalltag hinein zu schnuppern.
Kontakt und weitere Informationen: Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt, Marion Sauer (stellvertretende KITA-Leiterin), Am Zwingel 1, 35683 Dillenburg, Tel. (02771) 7610.
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